Schlingensief – In das Schweigen hineinschreien
Datum: 25.10.2020
Zeit: 17:30 - 19:45 Uhr
Veranstaltungsort:
Zebra-Kino
Tickets: www.zebra-kino.de/tickets
Springe ich in den See, steigt sein Wasserspiegel um eine Winzigkeit. Also: hüpfen alle (damals) 6 Millionen Arbeitslosen Deutschlands gleichzeitig in den Wolfgangsee. So überflutet er den Keller von Helmut Kohls Ferienhaus. Die Idee: genial. Ihr Urheber: Christoph Schlingensief. 1998 machte er sie wahr – jedenfalls fast: knapp 100 Leute badeten mit ihm.
Vor zehn Jahren, am 21. August 2010, starb der Film- und Theaterregisseur, Autor und Aktionskünstler Christoph Schlingensief im Alter von nur 49 Jahren an Krebs. Einer der hellsichtigsten politischen und gesellschaftskritischsten Künstler, die Deutschland je hatte, ging zu früh.
Was der Künstler auf Leinwand und Bühne brachte wirkte vordergründig hysterisch absurd. Aber es war die nackte Wirklichkeit, nachdem ihr Schlingensief das Mäntelchen aus bigotter Zurückhaltung abgerissen hatte. Erst wenn man die (Ver)Störung Schlingensief‘scher Kunst aushielt, erhaschte man einen Blick auf die oft vergröberte, vielleicht verzerrte, aber auf jeden Fall schonungslos wahrhaftige Realität.
Die Cutterin Bettina Böhler gestaltete nun in ihrem Regiedebüt einen Film über sein Schaffen: Ausschnitte aus Schlingensief-Filmen, Theateraufzeichnungen, Aktionen, Fernsehproduktionen und Auftritte in Talkshows, durchwoben mit Super 8-Spots aus der Kindheit des Regisseurs. Böhler verblendet das Original-Material kunstvoll zu einem fiebrigen, vielstimmigen Gesamtkunstwerk über das Phänomen Christoph Schlingensief.
Diese biografische Doku ist so angelegt, „als ob aus dem Material eine weitere Aktion von Schlingensief’scher Sprengkraft entstehen würde. Der Gestus ist nicht der nostalgische Rückblick, sondern der Blick auf die Gegenwart.“ (Filmkritikerin Katja Nicodemus).
